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Slowplay als Deception Teil 2

slowplay-pokerBetrachten wir Herrn X an einem Pokerabend, um die Theorie von Slowplay als Deception zu verdeutlichen.
Herr X sitzt seit über 2 Stunden an einem short-handed Tisch und hat sich in dieser Zeit das Image eines soliden, tight-aggressiven Spielers erarbeitet. Die nächste Starthand, die er ausgeteilt bekommt, ist Ks Kh. Er setzt eine Standard Bet von 3BB aus mittlerer Position, aber alle anderen Spieler folden. Herr X streicht die Blinds ein und die nächste Runde beginnt.
So langsam merkt Herr X, das er bei seinen guten Händen weniger Auszahlung erhält als noch zu Anfang der Sitzung. Zwar gewinnt er noch die kleinen Pots, aber die großen bleiben ihm verwehrt. Es findet sich kaum ein Spieler, der gegen ihn antreten will und wenn, dann hält dieser meist ein nahezu unschlagbares Blatt und Herr X verliert entsprechend viele Chips.
Herr X hat ein klares Bild von seinen Gegnern, mischt sein Spiel wenig und raist am Liebsten von den späten Positionen. Und so, wie er sich in den letzten 2 Stunden ein Bild von seinen Gegnern gemacht hat, haben diese auch ihn einzuschätzen gelernt. Da sein Image tight-aggressiv ist, gehen sie ihm lieber aus dem Weg, wenn er Interesse an einem Pot zeigt und lassen es nur dann auf eine Konfrontation ankommen, wenn sie ein entsprechend gutes Blatt haben.
Herr X steht nun vor der Frage, wie er den weiteren Abend gestalten soll. Wenn er weiterspielt wie bisher, gewinnt er mit guten Händen nicht genug. Nur die kleinen Pots bringen es auf Dauer nicht.
An dieser Stelle ändert Herr X sein Spiel und versucht Deception. Er gibt sein geradliniges tight-aggressives Spiel auf, mischt die Bets seiner Anfangskarten etwas mehr als zuvor und spielt das Gegenteil von dem, was er bisher gespielt hat. Gute Starthände spielt er ab jetzt hin und wieder slow und die eher schwierigen Starthände, wie mittlere suited Connectors oder mittlere Paare wird er ab und an spielen, als wenn sie stärker wären, auch wenn er das gegnerische Blatt in diesen Situationen stärker einschätzt als das eigene und er somit hinten liegt.
Herr X nutz hier sein Image, also das Bild, das seine Gegner von ihm haben und auf dessen Grundlage sie seine moves einordnen, um sie in die Irre zu führen.
Schon in der übernächsten Hand erhält er As Ah. Im Unterschied zu den Königen, die er vorher hatte, versucht er es diesmal mit slowplay.
Er sitzt am BB, alle Spieler vor ihm folden, außer der Cut-Off, der 3 BB wettet. Der Button und der SB folden ebenfalls. Herr X callt natürlich. Auf dem Board erscheint ein Rainbow-Flop mit Ks Td 7hs. Herr X im BB checkt. Der Cut-Off sieht ein Möglichkeit, den Pot hier klar zu machen und setzt eine Continuation Bet von etwa 2/3 des Pots. Herr X check-raist um die Größe des bisherigen Pots. Der Cut-Off foldet und Herr X streicht den Pot ein.
Dadurch, das Herr X Slowplay als Deception eingesetzt hat, hat er noch einmal einen Einsatz von 3BB auf dem Flop gewinnen können. Wäre Herr X schon preflop über den Einsatz des Cut-off gegangen, was mit den Assen ja ein sinnvoller Move ist, hätte der Gegenspieler seine Hand sehr wahrscheinlich sofort gefoldet und Herr X hätte die postflop Bet nicht gewonnen.
Slowplay kann hin und wieder als wirkungsvolles Täuschungsmanöver (Deception) eingesetzt werden. Wie mit allen anderen guten Dingen im Leben sollte man es aber auch hiermit nicht übertreiben.