Poker: Zurückhaltung ist nicht gefragt
Wer sich heutzutage an einen Online-Poker-Tisch im Bereich des Cash-Game Micro-Limits setzt, wird schnell merken, dass so hoch gepriesene Attribute wie Zurückhaltung beim Poker, Vorsicht, das Sammeln von Informationen und die wichtigen strategischen Überlegungen alle weit weniger Beachtung finden, als ihnen eigentlich gebührt.
Online-Poker ist rastlos geworden. Die schnellen Verbindungen zu den Servern tun ihr übriges dazu. Wie wäre es wohl, wenn wir alle noch das gute alte 64K Modem hätten? Da wäre die Steuerung eines einzigen Tisches schon ausgesprochen schwer.
Doch die Technik hat längst neue Möglichkeiten eröffnet. Jeder spielt heutzutage mindestens zwei Tische, manche mischen auch gern zwischen Cash-Game und Turnier – eine Vorstellung die mir die mir noch immer nicht ganz schlüssig ist, da fürs Turnier ganz andere Attribute gebraucht werden als beim Cash-Game.
Und jeder, der schon mal mehr als einen Tisch zur gleichen Zeit bespielt hat, wird schnell gemerkt haben, dass die Strategien, die alle für einen einzigen Tisch entworfen worden sind, nicht mehr greifen. Sie werden sogar immer weniger Wert, je mehr Tische man dazu nimmt.
Viele Tische bedeutet aber auch viele Entscheidungen. Allerdings fehlt die Grundlage, die man sich angeeignet hat. Es ist unmöglich, 30 oder mehr Spieler an 3 – 5 oder mehr Tischen zu beobachten und schlüssige Informationen zusammen zu stellen. Die einzige schlüssige Entscheidungshilfe, der man sich hier als One-Table-Spieler immer wieder gegenübersieht, ist die, dass die Opponenten nur Premium-Hände spielen, selten die Blinds attackieren und so gut wie nie ein Risiko eingehen.
Diese Spieler zu lokalisieren kann jederzeit und leicht über die ‚Suchen’-Funktion geschehen, die so gut wie jeder Online-Pokerraum anbietet.
Dann gibt es da noch die anderen, die eher unerfahrenen, die die ‚Suchen-Funktion’ nicht kennen. Immer, wenn sie entsprechende Gegenwehr erfahren, ist es meist ein Multi-Tabler mit guter Hand. Und so verlieren sie schnell die Hälfte oder mehr ihres Stacks. In diesen Augenblicken kann man beobachten, wie der Ärger sie ergreift, und sie entweder anfangen jede Hand zu limpen oder mehrmals hintereinander ihre Chips zum All-In in die Mitte schieben. Das Ergebnis ist dann innerhalb kürzester Zeit abzusehen.
Und dann das gute alte Bluffen. Ohne geht es nicht. Vorsichtig eingesetzt ist es ein hervorragendes Werkzeug, sein Spiel zu mischen, sein Image aufzubauen seine Gegner zu täuschen oder einfach nur Fehlinformationen weiterzugeben.
Bluffen ist mittlerweile eine ständige Option geworden, die besonders dann gern aktiviert wird, wenn die Hand, die man wollte, nicht angekommen ist und der River da liegt und man den andren vielleicht mit einer entsprechend hohen Bet aus dem Pot prügeln kann.
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